04.01.2016

LG Berlin untersagt Vermieter die Nutzung einer Videokameraattrappe im Hausflur

Mit Urteil vom 28. Oktober 2015 (Az. 67 S 82/15) hat das LG Berlin nunmehr auch die Nutzung einer Videokameraattrappe in einem Mietshaus untersagt, wenn diese nicht durch ein überragendes Interesse des Vermieters gerechtfertigt werden kann. Wir vertraten in diesem Verfahren den betroffenen Mieter als Kläger und sind erfreut über die Stärkung der Persönlichkeitsrechte durch das entscheidende Gericht.

Die Kameraattrappe befand sich im Hausflur eines Mietshauses und ließ nicht ohne weiteres erkennen, ob sie funktionstüchtig ist. Wie das Gericht zutreffend feststellte, sind solche Attrappen mit einer funktionsfähigen Videoüberwachung gleichzusetzen, da der Überwachungsdruck für die betroffenen Mieter gleich hoch ist. Schließlich können sie nicht erkennen, ob die Kamera tatsächlich aufzeichnet. Dies soll auch dann gelten, wenn der Vermieter seine Mieter auf die Funktionsunfähigkeit hingewiesen hat. Denn die Betroffenen können nicht nachvollziehen, ob es stets bei der Attrappe geblieben ist oder die Attrappe durch eine funktionsfähige Kamera ersetzt wurde.

Um die Anbringung einer Kameraattrappe zu rechtfertigen, bedarf es – wie bei einer funktionsfähigen Kamera – schwerwiegender und wiederholter Vorkommnisse im Mietshaus. Fahrraddiebstähle, Beschädigungen an den Briefkästen oder der Hauseingangstür sowie das Abstellen von Sperrmüll reichen insoweit nicht aus. Derartige Vorfälle sind innerhalb eines Mietshauses alltäglich und rechtfertigen keine besonderen Maßnahmen, insbesondere keinen derart weitreichenden Eingriff in das Verhalten und die Rechte der Mieter wie eine Kameraattrappe.

Mit dieser Entscheidung schließt sich das LG Berlin der überwiegenden Meinung in der bundesweiten Rechtsprechung an und stärkt damit die Rechte der Berliner Mieter.

Autor: 
Hans-Christian Widegreen