Vorsicht, Lachnummer: Im Spannungsfeld von Politik und Komik
Der Tagesspiegel hat sich das hochaktuelle Thema politischer Satire und dessen Auswirkungen in einer demokratischen Gesellschaft zum Thema der wöchentlichen Rubrik AGENDA vom 16. Juli 2019 gemacht.
Beiträge und Kommentare von Politikern werden immer häufiger von Satiresendungen wie der "heute-show" für satirische Darbietungen verwendet und stellen die Wortgeber damit in ein mehr oder minder positives Licht. Diese sind somit regelmäßig dem Risiko ausgesetzt, in der Öffentlichkeit als Lachnummer präsentiert zu werden. Auf der anderen Seite kann Satire politisches Interesse auch erst wecken und somit eine demokratische Funktion erfüllen.
Doch wie sind solche Beiträge in rechtlicher Hinsicht zu bewerten? Medienanwalt Dominik Höch liefert die juristische Untermauerung zu dem kontrovers diskutierten Thema:
"In rechtlicher Hinsicht liegt die Grenze der Zulässigkeit dort, wo Persönlichkeitsrechte der Kritisierten verletzt werden." Dafür müsse man auf drei Aspekte schauen. Erstens: Stimmt die Kernaussage der Satire? Ein lustiger Text könne durchaus rechtsverletzend sein, wenn die Satire falsche Sachverhalte behaupte. Zweitens: Ist die satirische Einkleidung rechtskonform? Da gehe es vor allem um die Menschenwürde des Betroffenen, denn "wo es nur noch ums Niedermachen geht oder einer Person das Menschsein abgesprochen wird, wird die Darstellung unzulässig sein." Drittens: Die Satire muss als solche für den Leser oder Zuschauer erkennbar sein. Aus einem rechtswidrigen, ernstgemeinten Text komme man nicht deshalb raus, weil man hinterher sage, das sei doch Satire gewesen.
Schwieriger wird der juristische Umgang, wenn sich Satire und ernsthaftes Geschehen immer mehr durchkreuzen. Gerade im Netz sei Satire oft schwer zu erkennen, sieht man von bekannten Playern wie dem "Postillon" ab. Als Beispiel nennt Dominik Höch die von Martin Sonneborn begründete Satirepartei "Die Partei", die mittlerweile mit zwei Sitzen im EU-Parlament vertreten ist. Dass Humoristen in politische Ämter gelangen, ist ein neueres Phänomen. In der Ukraine wurde der Komiker Wolodymyr Selenskyj zum Präsidenten gewählt, in Italien gründete der Kabarettist Beppe Grillo eine Protestpartei. Und im isländischen Reykjavik wurde der Satiriker Jón Gnarr zum Oberbürgermeister gewählt, mitten in der Finanzkrise, von der das Land besonders betroffen war. "Die Leute waren die Verstrickungen der Politik über, sodass sie sich nicht anders zu wehren wussten. Sie wählten die ironische Übertreibung", erklärt sich Heusinger ein solches Wahlverhalten. Als Martin Sonneborn im Mai 2014 zum ersten Mal ins Europaparlament einzog, kündigte er an, er werde dort abwechselnd mit Ja und Nein stimmen. Doch dann musste er feststellen, dass sein Verhalten auch mal den Unterschied machen konnte, etwa bei der Resolution der Seenotrettung, der er zu einer knappen Mehrheit verhalf. Mit seinen bisherigen Arbeitsmitteln - Spott und Ironie - stieß Sonneborn an seine Grenzen. Denn Politiker können zwar ironisch sein, doch die Stimmabgabe ist es nicht.